Woran liegt es nur, dass unter gleichen Marktbedingungen manche Unternehmen erfolgreicher sind als andere? Diese Frage beschäftigte auch Heike Bruch, Professorin und Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement an der Universität St. Gallen. Sie kam zu der Erkenntnis, dass eine Art von Energie in Unternehmen fließt, und nannte sie Organisationale Energie. Die Organisationale Energie ist die Kraft, mit der Unternehmen zielgerichtet Dinge bewegen. Sie zeigt an, inwieweit Unternehmen ihr Potenzial zur Verfolgung zentraler Ziele aktivieren können.
Im Mittelpunkt stehen die Mitarbeiter, die Antrieb und Kraftwerk einer jeden Organisation sind. Sie können Energien entfalten und damit Unternehmensleistungen dauerhaft steigern, Transformationen nachhaltiger umsetzen sowie Restrukturierungen und Fusionen erfolgreicher meistern. Aber warum gelingt es so wenigen Unternehmen, diese Organisationale Energie zu entfachen? Sie zu mobilisieren und in die richtigen Bahnen zu lenken, ist eine große Herausforderung! Die Organisationale Energie ist nämlich per se nicht immer gut. Denn neben einer produktiven und angenehmen Energie gibt es auch eine korrosive und resignative Energie, die manche Unternehmen behindert und lähmt.
Ziel muss es also sein, die produktive Energie zu steigern. Sie wollen doch auch Mitarbeiter, die ihre Arbeit inspirierend empfinden, sich vollumfänglich mit ihr identifizieren, entschieden handeln und dabei ständig neue Chancen für den Unternehmenserfolg suchen. Dies zahlt auf bessere Performance, größeres Wachstum sowie höhere Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit ein. Kurzum: Die produktive Energie macht den Unterschied zwischen dynamischen und innovativen Unternehmen aus, in denen sich die Mitarbeiter voll entfalten können, und trägen, statischen Unternehmen, in denen sie frustriert Dienst nach Vorschrift schieben.
Für die Organisationale Energie ist es besonders wichtig, sich als Unternehmen eine zukunftsweisende Vision zu geben. Eine produktive Kultur mit harmonischen Betriebsklima ist ebenfalls unerlässlich, und vor allem sind die Mitarbeiter ansprechend zu führen. Die Transformationale Führung ist ein Schlüssel, um produktive Energien unmittelbar freizusetzen. Die Führungskräfte sollen als Vorbild inspirieren und motivieren und gleichzeitig den Mitarbeitern Handlungs- und Entscheidungsfreiräume geben. Zudem ist es ihre Aufgabe, produktive Energien auch kurzfristig zu mobilisieren. Das gelingt ihnen mit zwei Strategien: Entweder, sie schwören ihre Mitarbeiter darauf ein, mit vereinten Kräften einer Bedrohung von außen Herr zu werden („Killing the Dragon“) oder sie geben ihnen ein spannendes Ziel vor („Winning the Princess“). Wenn Führungskräfte und Mitarbeiter an einem Strang ziehen, um gemeinsam etwas zu bewirken, entfachen sie diese positive Organisationale Energie, mit der sie „Berge versetzen“ können.
Zuviel des Guten verkehrt sich jedoch ins Gegenteil: Wenn die produktive Organisationale Energie dazu führt, dass Mitarbeiter immer mehr neue Aufgaben erledigen sollen, drohen sie, auszubrennen. Die Kunst der Führungskräfte besteht darin, das richtige Maß zu finden und zu halten. Es müssen die richtigen Prioritäten gesetzt werden, um nicht in eine Beschleunigungsfalle zu rutschen. Gegebenenfalls müssen Projektpläne im Nachhinein verworfen werden, wenn es ohnehin aussichtslos erscheint, sie umzusetzen. Realistische Ziele sind wichtig für die Motivation der Mitarbeiter.
Zudem kann es sinnvoll sein, bewusst ein wenig Geschwindigkeit zu nehmen, um sich zu konsolidieren, Kräfte zu sammeln, und die Ziele dann wieder ambitioniert anzugehen. Es ist wie beim Sport: Es gibt Wettkampfperioden und Erholungszeiten. Unternehmen müssen sich konstitutionell richtig aufstellen, um konstant hohe Leistungen zu erbringen und gleichzeitig genügend Luft zu haben für die besonderen Herausforderungen, mit der Mobilisierung neuer, produktiver Organisationaler Energien!
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